Im ersten Teil über meine lustigsten und spannendsten Erlebnisse aus 3 Jahren Field-Recording ging es um Audio-Equipment, Fluglärm und Vögel. Im zweiten Teil gibt es nun weitere Tiergeschichten – dazu Einblicke hinter die Kulissen und vieles mehr.
Andere Begegnungen mit Tieren
Nicht alle Begegnungen mit Tieren sind freiwillig. Im Sommer 2021 bei Abenddämmerung bin ich auf den Eberstädter Prinzenberg gewandert, um Grillenzirpen aufzunehmen. Um nach oben zu gelangen, bin ich einen kleinen Trampelpfad gelaufen, der rechts und links von Büschen umgeben ist. Plötzlich raschelte es und ich blieb stehen, um zu lauschen. War da etwas? Zuerst war nichts zu vernehmen. Doch dann hörte ich ein signifikantes Schnaufen, das mir verriet, dass in den Büschen Wildschweine sein müssten. Da der Weg relativ eng war, bekam ich schon ein bisschen Angst. Zwar sind Wildschweine an und für sich nicht dafür bekannt, dass sie auf Menschen losgehen. Aber wenn sie Junge dabeihaben, können sie aggressiv werden, weil sie ihre Jungtiere verteidigen möchten. Und für mich war es natürlich nicht zu erkennen, welche Größe die Tiere in den Büschen hatten.
Dieses Kurzvideo zeigt eine Gruppe Wildschweine, die ich später an anderer Stelle bei einem Spaziergang aufgenommen habe.
Zum Glück konnte ich die Gefahrensituation am Prinzenberg überstehen, sodass ich am Zielort unversehrt ankam. Als ich mein Equipment aufbaute, stellte eine weitere Tierspezies eine Herausforderung dar: Stechmücken. Zunächst hatte ich Angst, dass das Summen die Aufnahme ruinieren könnte. Aber das war weniger das Problem. Viel schlimmer war es, dass ich mich bei laufendem Mikrofon ruhig verhalten musste, um die Aufnahme nicht zu stören. Dies gestaltet sich jedoch als Herausforderung, wenn man sich gleichzeitig gegen die Angriffe der Insekten erwehren muss. Man darf nicht hauen; man darf noch nicht mal wedeln, da der Windstoß ebenfalls zu hören ist.
Mein Schwerpunkt lag also nicht in der Prävention, sondern in der Behandlung der Stiche. Auf diesem Weg habe ich ein angebliches Wundermittel kennengelernt, auf das viele Leute in meinem Bekanntenkreis auch bei Bienenstichen schwören: Es handelt sich dabei um ein Gerät, das man punktuell auf die Stiche hält, um diese zu erhitzen. Auf diese Weise werden die Insektengifte im Blut chemisch umgewandelt und dadurch eliminiert. Ich war zugegebenermaßen zu skeptisch, um es auszuprobieren und habe deshalb den Juckreiz ausgesessen und über mich ergehen lassen.
Aufwendige Nachbearbeitung: Über Schnitte, Blenden & Filter
Bei all den Abenteuern, die das Aufnehmen der Sounds mit sich bringt, könnte man meinen, damit sei alles erledigt. Jetzt nur noch die Aufnahmen ein bisschen bearbeiten und dann hochladen, richtig? Weit gefehlt! Auch die Nachbearbeitung – die sogenannte Post-Produktion – ist weitaus aufwendiger, als Du vielleicht denkst.
Ich habe in meinen Audio-Programmen auf dem Computer zwar viele Hilfsmittel, die eine Aufnahme verschönern können. Aber in den meisten Fällen ist es das Beste, ungewollte Klänge einfach herauszuschneiden. Dies ist gleichzeitig auch der erste Schritt, nachdem ich die Aufnahmen von meinem Aufnahmegerät auf meinen Computer übertragen habe.
Die nächste Herausforderung besteht nun darin, die Schnitte unkenntlich zu machen. Dies geschieht mithilfe sogenannter Crossfades. Unter diesem Begriff versteht man Blenden zwischen zwei Klängen, um Schnitte zu verschleiern.
Ein weiteres Tool, das ich ebenfalls sehr häufig in der Post-Produktion einsetze, sind Filter. Hiermit lassen sich bestimmte Frequenzen (zum Beispiel besonders hohe oder tiefe Geräusche) herausfiltern, ohne dass die anderen Frequenzbereiche dadurch beeinflusst werden. Man kann es sich wie einen echten Filter oder ein Sieb vorstellen: Man siebt das heraus, was man nicht in seiner Aufnahme haben möchte. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise ein konstantes Brummen beseitigen.
Eine weitere Technik, die ich gerne für die Nachbearbeitung einsetze, ist das Doppeln von Spuren. Nicht selten passiert es nämlich, dass mir die Aufnahme nicht voll genug ist. Ich hätte gerne mehr Geräusche, mehr Vogelstimmen und so weiter. Wenn ich zwei Aufnahmen vom gleichen Ort aus unterschiedlichen Perspektiven übereinanderlege und gleichzeitig abspiele, klingt der Ort sofort voller und lebendiger. Natürlich verfälsche ich damit den Originalton. Die Natur in meinen Aufnahmen klingt damit nicht so, wie sie in Wirklichkeit klingt. Andererseits kann man damit argumentieren, dass sie so klingt wie vielleicht vor 20 Jahren. Denn dass die Wälder und Naturlandschaften leiser werden, ist längst erwiesen. So konnte der Klangwissenschaftler Bernie Krause mithilfe mehrerer Aufnahmen nachweisen, wie sich Waldrodungen negativ auf die klangliche Kulisse des Waldes auswirken.
Schnitte, Crossfades, Filter und Dopplungen sind nur ein paar Techniken, die ich in der Post-Produktion einsetze. Es kommen noch zahlreiche andere hinzu, die ich hier aber nicht näher beschreiben möchte.
Urheberrechts-Verwarnung für ein Video aus eigenen Inhalten
Wie Du vielleicht schon beim Lesen des Textes bis hierhin gemerkt hast, lege ich viel Wert auf Originalität. Das bedeutet: Alle Videos, die ich bei YouTube hochlade, enthalten ausschließlich Audiomaterial von mir. Alles habe ich selbst aufgenommen und bearbeitet. Lediglich für die Bilder in meinen Videos nutze ich das kostenlose Fotoarchiv Unsplash.
Unter diesen Voraussetzungen ist es schwer vorstellbar, dass ich vor kurzem eine Urheberrechts-Verwarnung von YouTube bekommen habe – wegen Audiomaterial in meinen Videos! Wenn man bei YouTube ein neues Video hochlädt, erfolgt dies in mehreren Schritten. Unter anderem gibt man seinem Video eine Beschreibung und kreuzt in einer Art Formular Dinge an. Während YouTube das neu hochgeladene Video für seine Plattform verarbeitet, wird gleichzeitig geprüft, ob das Video fragliche Inhalte enthält. Dies geschieht jedoch ausschließlich mithilfe von Maschinen und künstlicher Intelligenz.
Völlig widererwartend bekam ich bei meinem im Odenwald aufgezeichneten Wald-Video die Meldung, dass ich fremde Inhalte verwendet hätte. YouTube konnte mir sogar sagen, bei welchem anderen Video an welcher Stelle ich angeblich geklaut hatte. Das machte mich neugierig, sodass ich mir das besagte Video zumindest anschaute und anhörte. Tatsächlich waren dort auch Vogelstimmen zu hören, wenngleich es offensichtlich eine andere Aufnahme war. Aber vielleicht war es die gleiche Vogelart, die dort ihre Melodie zwitscherte. Und das irritierte die künstliche Intelligenz der Prüfung von YouTube.
Glücklicherweise wurde die Verwarnung ein paar Wochen später aufgehoben. Aber es zeigte mir, dass Maschinen eben doch nicht perfekt sind!
Mein erfolgreichstes Video auf YouTube
Bei so viel Aufwand müsste doch bestimmt ein Video mit Naturaufnahmen mein erfolgreichstes auf YouTube sein, oder? Nein. Tatsächlich war mein erstes Video, das viral gegangen ist und schnell die Marke der 10.000 Aufrufe geknackt hat, das 30-minütige weiße Rauschen.
Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, warum dieses Video im Winter 2021 so beliebt war. Es war während des zweiten Corona-Lockdowns, als die Klickzahlen einen unerwarteten Boost erfahren haben. Die Klickzahlen selbst gaben mir noch keinen Hinweis auf das Warum. Allerdings wurde ich in den Kommentaren schnell nach einer Erklärung fündig. Zahlreiche Schüler nutzten mein Video für das Homeschooling – also den digitalen Unterricht von zu Hause aus. Dabei nutzten sie das Video jedoch nicht als Hintergrundgeräusch zum Entspannen, um sich besser konzentrieren und lernen zu können. Nein, sie spielten es ab, wenn sie von der Lehrerin aufgerufen wurden – mit dem Hinweis, ihr Computer wäre kaputt und der Ton würde nicht funktionieren. Ich konnte es nicht glauben. Sehr kreativ!
Natürlich warf das für mich in gewisser Weise auch eine philosophische Frage auf: Wie viel ist der zahlenmäßige Erfolg wirklich wert, wenn das Video nur zweckentfremdet geschaut wird? Zugegebenermaßen war es mir aber egal. Solche Zahlen fühlen sich immer gut an. Und letztlich hat das Video dadurch auch gleichzeitig meine anderen Videos „angekurbelt“.
Zu Gast im Radio
Im Sommer 2022 war die Reichweite und Sichtbarkeit meines Kanals so groß, dass ein hiesiger Radiomoderator auf mich aufmerksam wurde und mich in seine Sendung einlud. Dort durfte ich ein wenig über das Projekt Work-Life-Balance-Coach.com erzählen und seine spannenden Fragen beantworten.
Das Interview wurde nicht nur bei Radio Darmstadt gesendet, sondern ist auch in Form eines Podcasts auf Spotify verfügbar. Danke nochmals an Hannes für diese Gelegenheit und die tolle Erfahrung!
Que sera?
Was die Zukunft bringen wird, kann ich nicht sagen. Doch mit Sicherheit werden dies nicht die letzten aufregenden Momente des Projektes Work-Life-Balance-Coach.com bleiben.
Über den Autor:
Dominik Braun ist Audio-Experte für Coaches und Therapeuten. Als Gründer von Work-Life-Balance-Coach.com hat er es geschafft, seine Leidenschaft für Sound und Musik mit der für Natur, Achtsamkeit und Spiritualität zu vereinen. Darüber hinaus unterstützt er mit verschiedenen Dienstleistungen Selbstverleger bei ihrem Weg zum eigenen Buch.
Webseite: www.dominik-braun.net
** Bildnachweis: Verwendete Fotos zum Teil von Unsplash