Achtsamkeit: Zen ist das Ziel

Buddha mit Zigarette

Das höchste Ziel im Zen-Buddhismus ist das bewusste Erleben des gegenwärtigen Augenblicks. Denn nur jetzt ist das Leben. Das Gestern ist vorbei und das Morgen noch nicht bei uns. Nur wenn wir jetzt leben, leben wir wirklich.

Zen dämmt unsere Gedankenflut durch vollkommene Konzentration auf die Aktivitäten, die wir im jeweiligen Moment ausführen. Dieser Moment ist die Vorstufe zum Flow, in dem wir alles um uns herum scheinbar ausblenden. Man verliert das Zeitgefühl, weil man komplett im Hier und Jetzt ist – auf den Augenblick fokussiert. Ein Zustand, der Dich mit Dir ins Reine bringt und Kontrolle sowie Ausgeglichenheit bewirkt. Ein Zustand, der Dich zufrieden macht.

Der Kapitalismus steht der Zen-Idee im Weg

Leider ist diese Zufriedenheit von der Industrie nicht gewollt. Denn die Weltreligion Kapitalismus lebt vom Wachstum und den gibt es nur, wenn wir übermäßig konsumieren. Doch zufriedene Menschen konsumieren nur in geringem Maße. Sie sind nicht abhängig von der trendigsten Mode. Zufriedene Menschen kaufen, wenn es erforderlich ist und nicht aus Langeweile. Außerdem wissen sie, dass man Dinge, die glücklich machen, nicht kaufen kann.

Damit wir diese Zufriedenheit nicht erreichen, bombardiert man uns. Mit Werbung. Jeden Tag und überall. Denn wenn wir eine Es-ist-nie-genug-Lebenseinstellung pflegen, begleitet uns ständig ein Gefühl des Mangels. Ein Mangelgefühl, produziert durch Werbung, die uns vom Aufstehen bis zum Ins-Bett-Gehen vor sich hertreibt. Den ganzen Tag wird uns eingetrichtert, dass wir nicht genug haben und nicht genug sind. Reklame, die uns über alle Medien, unzählige Bildschirme und allgegenwärtige Werbeflächen den ganzen Tag anschreit: „Du bist nicht genug, weil du nicht genug hast.“

Wie ein Mantra wird es uns im Stil einer Gehirnwäsche eingetrichtert. Wir fallen auf die gnadenlose Penetrierung in Endlosschleife herein und unser Leben wird zur Hetzjagd. Einer Jagd nach dem nächsten Kick, dem nächsten Kleid, der nächsten Uhr oder dem nächsten Wagen. Alles immer besser, schöner oder größer als die Vorgänger. Wir wollen ein Ziel erreichen, das unerreichbar ist. Denn Begehrlichkeiten sind wiederkehrend. It’s never enough.

Wir werden derart vom Mehr-Haben-Wollen bestimmt, dass wir gar nicht merken, was mit uns passiert. Dass wir nur noch auf der Jagd sind und dabei vergessen zu leben. Weil die Euphorie nach dem Kauf immer kürzer anhält und wir Nachschub brauchen. Wie ein Junkie. Horror vacui.

Clips auf YouTube von Kaufhäusern am Black Friday zeigen hervorragend, wie gut wir abgerichtet sind.

In der Konsumgesellschaft leben wir nicht im Jetzt

Kommen wir auf die ursprüngliche Idee des Zen-Buddhismus zurück – im gegenwärtigen Augenblick zu leben. In der Konsumgesellschaft findet das Leben ausschließlich in der Zukunft statt, weil wir uns nur auf zukünftige Käufe konzentrieren. Da die Zukunft jedoch noch nicht existiert, existiert auch der Konsumjunkie nicht. Er ist nicht mehr er selbst, sondern eine ferngesteuerte Marionette, die außerhalb der künstlichen Welt, wie wir sie zugelassen haben, nicht mehr existieren kann. Ein Zombie.

Dass wir im entfesselten Konsumwahn zusätzlich für exzessive Umweltzerstörung und unwiderrufliche Ressourcenverschwendung verantwortlich sind, interessiert nur wenige. Auch in diesem Bereich unseres Lebens rasen wir hemmungslos und ohne Rücksicht auf Verluste auf der Überholspur. Mode – heute der letzte Schrei – ist morgen out. Technik, die uns als Krönung der Schöpfung angepriesen wird – in zwei Jahren veraltet. Nie gab es so viele verschiedene Getränke oder Körperpflegeprodukte im Supermarktregal. Nie war die Auswahl an Urlaubsreisen, Fahrzeugen oder Hula-Hoop-Reifen so groß wie heute.

Es ist ziemlich skurril. Die Konzerne versprechen uns in ihrer Werbung genau die Zufriedenheit, die wir gar nicht erreichen sollen. Nicht erreichen dürfen. Denn dann würde weniger konsumiert werden und die Kurse, Dividenden sowie Manager-Gehälter würden sinken. Deshalb ist aus unserem Leben eine Karussellfahrt geworden. Wir sehen ständig mehr, erkennen jedoch mit zunehmender Geschwindigkeit immer weniger. Vieles nehmen wir nur noch verschwommen wahr.

Gegenmittel Achtsamkeit

Das Gegenmittel für diese Konsum-Karussellfahrt ist Achtsamkeit. Durch eine achtsame Lebensweise verleihst Du Dingen, die scheinbar unbedeutend sind, den Glanz, den sie verdienen. Durch Achtsamkeit erkennst Du die Einzigartigkeit, die Dein Leben und unsere Umwelt bedeuten. Das Wunder Erde. Der einzige bewohnte Planet in einem riesigen Sonnensystem mit seiner überwältigend schönen Natur.

Achtsamkeit klärt Deinen Blick und Du fokussierst Dich wieder auf die Schönheit und die Ruhe, die der Moment ausstrahlt. Du lernst, Dich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und bekommst mehr Kontrolle über Dein Leben. Das Karussell dreht sich langsamer und Deine Sicht wird klarer. Achtsamkeit macht Dich empathischer und gibt Dir ein besseres Verständnis für die Welt um Dich herum. Dieses Verständnis bewirkt, dass Du Dich nicht mehr so leicht über Kleinigkeiten ärgerst, gleichmütiger bist und Dich nicht von der Werbung verführen lässt.

Hat Achtsamkeit zwangsläufig etwas mit Esoterik zu tun?

Leider wird Achtsamkeit oft mit einem esoterischen Anstrich kommuniziert, was zur Folge hat, dass viele Menschen Achtsamkeit und mentale Entspannung als schwach empfinden. Deshalb habe ich versucht, Achtsamkeit in meinem Ratgeber „ROCKSTER – Die Achtsamkeits-Revolution“ einen coolen Anstrich zu verleihen. Um auch die Menschen anzusprechen, die dieses wichtige Thema bisher belächelt haben.


Rockster Buch 3D-Ansicht


Sich in Achtsamkeit zu üben, ist ganz einfach. Du brauchst keine Vorkenntnisse. Wähle einfach eine alltägliche Aufgabe, die für Dich zur Routine geworden ist und konzentriere Dich während der Ausübung ausschließlich auf diese Tätigkeit. Sammle möglichst viele Eindrücke. Denke dabei weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft. Verweile im Moment. Achte auf Kleinigkeiten. Atme gleichmäßig und bewerte nicht während Deiner Wahrnehmung.

Eine wunderbare Gelegenheit, Dich in Achtsamkeit zu üben, bietet sich beim Zähneputzen. Eine einfache Übung – bestens geeignet, um noch heute Dein Leben in Achtsamkeit zu beginnen. Ganz bequem und ohne Deinen Tagesablauf zu beeinträchtigen. Ein guter Freund hat mir nach 5 Tagen achtsamen Zähneputzens berichtet, welche Entspannung es für ihn bedeutet. Seitdem putzt er sich öfter und länger die Zähne. Der Effekt sollte sich nach spätestens 14 Tagen einstellen. Bei den meisten Anfängern geht es jedoch schneller.

Denke dabei nur ans Zähneputzen. Beobachte genau, wie Du die Bürste führst. Über den Oberkiefer und den Unterkiefer. Begleite die Bürste auf ihrem Weg über Deine Zähne. Spüre den Druck der Bürste und nehme die Vibration wahr. Konzentriere Dich nur auf das Zähneputzen und denke an nichts anderes. Kontrolliere Deinen Atem. Atme gleichmäßig. Fällt Dir die Übung mit geschlossenen Augen leichter?

Nach ein paar Tagen macht es „klick“ im Hirn und Du spürst ganz deutlich, wie viel Kontrolle Dir diese einfache Übung bringt. Alles andere ist ausgeblendet und Du erlebst einen Moment voller Klarheit und Ruhe. Ein wunderbares Gefühl! Weil Du Dir jeden Tag die Zähne putzt, kannst du täglich üben.

Dein Weg zu mehr Achtsamkeit im Leben

Mein Buch beginnt ganz bewusst mit dieser einfachen Übung, um Dir möglichst schnell ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie viel Wohlbefinden Achtsamkeit in Dir auslöst. Putze Dir die nächsten Tage achtsam die Zähne. Wenn Du spürst, welch angenehme Ruhe und Reinheit es mit sich bringt, putze am Tag danach so, wie Du in der Vergangenheit geputzt hast. Der Vergleich wird Dir den positiven Effekt von Achtsamkeit verdeutlichen.

Diese einfache Aufgabenstellung zeigt Dir auch, wie verstrahlt wir sind. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es Dir anfangs noch nicht einmal eine Minute lang gelingen, Dich ausschließlich auf das Zähneputzen zu konzentrieren. Schnell wirst Du Dich dabei ertappen, wie Du abzuschweifen beginnst. Sei in diesen Momenten nicht zu streng mit Dir. Beginne einfach von Neuem und konzentriere Dich wieder auf das Bürsten. Das Abschweifen ist völlig normal und passiert auch nach Jahren in Achtsamkeit.

Zum Abschluss möchte ich Dir noch gerne eine Geschichte aus dem Zen-Buddhismus mit auf den Weg geben:

Der Schüler fragte den Meister, was den Meister von ihm unterscheide. Der Zen-Meister entgegnete ihm: „Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich schlafe, dann schlafe ich.“ Der Schüler erwiderte: „Aber das mache ich doch auch.“ Der Zen-Meister antwortete jedoch: „Wenn Du gehst, denkst Du ans Essen und wenn Du isst, dann denkst Du ans Schlafen. Wenn Du schlafen sollst, denkst Du an alles Mögliche. Das unterscheidet uns.“

Viel Erfolg in Deinem neuen Leben in Achtsamkeit!


Über den Autor:

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Christian Langer alias Thunder H. Crimson, geboren 1962 in Hannover, ist Autor und ehemaliger Unternehmer. Nach schweren Krankheiten ist er dem Sensenmann zweimal nur knapp von der Schippe gesprungen und widmet sich seitdem dem Schreiben von Büchern. Er lebt zurückgezogen auf dem Land, ist Vater von zwei Söhnen, leidenschaftlicher Schwimmer, Buddhismus-Fan und fährt seit dreißig Jahren Harley. Sein Achtsamkeits-Ratgeber „ROCKSTER“ ist auf Amazon als Taschenbuch und E-Book erhältlich.
Webseite: www.thunder-h-crimson.com


** Bildnachweis: Titelbild dieses Beitrages von Christian Langer


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